Vier Häuser an der Friedrich-Ebert-Straße im Block IV Potsdamer Mitte

Nichtoffener Wettbewerb, Preisverleihung 07/2023
1. Preis bei 12 eingereichten Arbeiten
Auslober/ Bauherr: ProPotsdam GmbH

Entwurfsleitende Idee
Leitidee des Entwurfes ist es, eine zeitgemäße, nachhaltige Architektur der „Vier Häuser“ zu entwickeln, die zeitlos in ihren Proportionen, in der Fassadenplastizität sowie in Maß und Zahl die Qualitäten der historischen Stadt widerspiegelt. Die historische Parzellenstruktur sowie der Verlauf der Trauflinien werden bei den Häusern zwei, drei und vier eingehalten. Das Haus eins wird entsprechend den erweiterten Vorgaben des Bebauungsplanes entwickelt. Alle Gebäude erhalten durch die eingesetzten Gliederungsstrukturen sowie Material und Farbe ein individuelles Gesicht. Dadurch wird zum einen die klassische Parzellenstruktur erlebbar, zum anderen erhält jedes Gebäude eine eigenständige Adresse.

Gestaltqualität
Die Gebäudestrukturen der vier Häuser schreiben die Ziele des städtebaulichen Leitbautenkonzeptes fort. Das Haus eins, die Erweiterung der Volkshochschule, entspricht dem Typus des Eckhauses und ist gleichermaßen das Auftaktgebäude „Am Kanal“ in das historische Stadtzentrum. Dieser exponierten städtebaulichen Bedeutung entspricht die architektonische Ausbildung der Fassaden. Die Nord und Westfassaden sind plastisch überlagernd in eine dreiteilige horizontale und eine über 3 Geschosse geführte vertikale Fassadenstruktur gegliedert. Ein markantes Dachgeschoss, horizontal in Anlehnung an ein Gesims strukturiert, formuliert den Abschluss des Hauses. Die feine Kontur des Neubaus korrespondiert so mit der monumentalplastischen Fassade des Eckgebäudes Block III am Steubenplatz/ Alter Markt. Das Gedächtnis der Stadt, die Erinnerung an das prägnante historische Eckhaus und das „Huis Trip“, erfolgt zum einen durch den Anklang an Gebäudegliederungen, zum anderen erscheint ein „originales Fragment“ des „Huis Trip“, gleich einem Abdruck in Stein, exakt an der bauzeitlichen Position des historischen Stadtgrundrisses. Es ist die städtebauliche Fuge zwischen dem Bildungsforum Potsdam und der Volkshochschule. Durch die Grundgliederung der Gebäude in ein Sockelgeschoss und darüber aufsteigende Geschosse, werden die öffentlichen Nutzungen der Gebäude an der Friedrich-Ebert Straße / Am Kanal dem öffentlichen Straßenraum zugeordnet. Die Hauseingänge der Wohnungsgebäude sind plastisch hervorgehoben.

Das Entré und die großformatigen Fenster des Sockelgeschosses des Eckhauses eins schaffen einen fließenden Übergang vom öffentlichen Raum in die Eingangshalle der Volkshochschule. Die Gliederung der Straßenfassaden der Gebäude zwei, drei und vier thematisieren jeweils individuell den Geschosswechsel der historischen Gebäude zu den Wohnungsneubauten und fügen sich in die Ansichten der Blockstrukturen ein.

Alle Gebäude zeigen in den hofseitigen Fassaden des Carrés mit Balkonen, Loggien und französischen Fenstern ein offenes und vielfältiges Gesicht. Zwei baumbestandene, grüne Hofplätze gliedern die Innenhofgrundstücke. Intensive Begrünungen der teilweise begehbaren Dachflächen auf den Ebenen 1,4 und 5 sowie eine optionale, großflächige Fassadenbegrünung am Bildungsforum Potsdam schaffen einen grünen Kontrapunkt zum öffentlichen Straßenraum und eine angenehmes, grünes Wohnumfeld. Die Inhalte des B-Plans und der „Gebäudepässe“ sowie die Ziele und Leitlinien des Leitbautenkonzepts werden vollumfänglich berücksichtigt.

Funktionalität und Nutzungsqualität
Die Systematik der Grundrisse der Wohnungsbauten ist auf die maximale Flexibilität der Zuordnung der gewünschten Wohnungsgrößen angelegt. Die Erschließung liegt zentral, sodass die Fassadenflächen durchgängig den Wohnungen zugeordnet sind. Die Gewerbeflächen der Wohnungsgebäude sind voll flexibel und barrierefrei über die Grundstücke hinweg zusammenschaltbar. Der Eingangsbereich der Volkshochschule (VHS) wird städtebaulich prägnant an der Gebäudeecke des Hauses eins organisiert. Die direkte Anbindung an den Bestand der Volkshochschule erfolgt barrierefrei in Ebene 2. Damit werden alle Synergien genutzt. Die Nutzungen werden funktionsbezogen entsprechend dem Höhenprofiles des Bestandsgebäudes zugeordnet. Die hohe Tageslichtqualität der Hoffassade/Süd wird als „diaphane Wand“ dem Saal und dem Bewegungsraum zugespielt. Durch zusätzliche Oberlichter kann auf Dachflächenfenster in Haus eins vollständig verzichtet werden. Die Kinderbibliothek im bestehenden Bildungsforum wird im Erdgeschoss der Häuser eins und zwei mit flexiblen Freihandflächen und einer Veranstaltungszone erweitert. Der L-förmige Grundriss ermöglicht eine hohe Flexibilität in der Nutzungszonierung. Die Erweiterungsflächen der Kinderbibliothek werden sehr gut und variabel über die nach Süden orientierte Hoffassade, die großen Fenster zum öffentlichen Raum sowie über Oberlichter mit Tageslicht versorgt. Alle Bereiche aller Gebäude sind barrierefrei erschlossen. Die geforderten Stellplätze für die Wohnbauten gemäß dem Bebauungsplan können im Untergeschoss nachgewiesen werden. Die Stellplätze für die öffentlichen Bereiche (VHS/ SLB) können im Vorfeld der Gebäudezugänge „Am Kanal“ organisiert werden.

Wirtschaftlichkeit
Die kompakten Baukörper und das ökonomische Konstruktionsprinzip gewährleisten eine wirtschaftliche Erstellung. Die eingesetzten Fassadenmaterialien sind durch Nachhaltigkeit und Wertbeständigkeit gekennzeichnet und bedürfen nur eines geringen Unterhalts. Durch die effiziente und kompakte Erschließung wird eine hohe Flächeneffizienz erreicht werden. Die einfache konstruktive Gebäudestruktur lässt spätere Umwidmungen im Ausbau zu. Im Bereich der Gewerbeflächen und der öffentlichen Bereiche (VHS/SLB) ermöglicht ist dadurch eine hohe Nutzungsflexibilität und eine langfristige Anpassung an unterschiedliche Nutzungsanforderungen garantiert. Die Verhältnisse von Nutzungsflächen (NUF) zu Brutto-Grundflächen (BGF) liegen im optimalen Bereich (Gesamt ca. 70%).

Nachhaltigkeit
Das Energiekonzept umfasst die grundsätzliche Minimierung des Energiebedarfs, insbesondere der CO2-Emission im Betrieb sowie den schonenden Umgang mit der Primärenergie. Weiter stehen die optimale Funktionalität und ein hohes Maß an Nutzungsflexibilität, verbunden mit einem langfristigen und dauerhaft hohen Gebrauchswert, im Vordergrund. Die Anpassung an die Nutzerbedürfnisse erfolgt dabei unter den Gesichtspunkten der besten Wirtschaftlichkeit bei geringen Betriebs- und Unterhaltskosten.

Materialeinsatz/ Konstruktion:

  • Einsatz von ressourcenschonenden Baustoffen wie Recyclingbeton und die nachhaltige Fassadenkonstruktion mit mineralischen Putzoberflächen und Sockelverkleidungen mit Beton-Fertigteilelementen.
  • Einsatz des Werkstoff Holz in sinnvoller Weise: Im Rohbau in der Konstruktion des Dachgeschosses, im Ausbau der öffentlichen Gebäudebereiche (VHS/ SLB). Der Anteil von opaken zu transparenten Wand-und Dachflächen wird optimiert (Fensterflächenanteil < 40%) Dachbegrünung/ Regenwasserspeicherung/ -rückhaltung/ -versickerung
  • Regenwasserspeicher auf den Dachflächen mit Verdunstung in den Trockenperioden
  • Extensive Dachbegrünung aller Dachflächen
  • Vertikale Begrünung der Brandwand SLB im Innenhof (statisch autonomes Rankgerüst)
  • Überlaufspeicher im Erdreich
  • Regenwasserversickerung in den Grünbereichen mit Erdanschluss
  • Hofbegrünung mit Baumpflanzungen mit Erdanschluss, ökologischer Filter zur weiteren Optimierung des Mikroklimas Regenerative Energien/ Luft-Wärmepumpen/ Photovoltaik
  • Einsatz von Luft-Wärmepumpen: Nutzung der natürlichen Umweltenergie Luft für zusätzlichen Heiz- und Kühlbedarf
  • Photovoltaik auf den Dachflächen zur anteiligen Deckung des Strombedarfs zur nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen.